Andreas, was genau macht die Abteilung, die du bei TransnetBW leitest?
Die Abteilung Netzzugang und Netzkunden beschäftigt sich mit dem netzwirtschaftlichen Teil der Anschlüsse an unser Netz. Wir betreuen alle bestehenden Netzkunden, berechnen die Netznutzungsentgelte und verantworten die vollständige Messung, Zuordnung und Ausbilanzierung der Energiemengen im Übertragungsnetz. Darüber hinaus bearbeiten wir alle Netzanschlussbegehren. Angesichts der Transformation unseres Stromsystems hin zu einem klimaneutralen Stromsystem ändert sich die Landschaft der Netzanschlüsse.
Siehst du dadurch wachsende Aufgaben in deiner Abteilung?
Ja, ganz massiv. Wir erleben einen wahren Boom an Netzanschlussanfragen. Mittlerweile haben wir Anfragen in einer Größenordnung von mehr als 15 Gigawatt (GW) Anschlussleistung. Das übersteigt die derzeitige Höchstlast in Baden-Württemberg um einige Gigawatt.
Von wem kommen die Anfragen?
Die meisten Anfragen kommen von Batteriespeicherbetreibern. Darüber hinaus haben wir Netzanschlussbegehren von Verteilnetzbetreibern und von einzelnen Industrie- und Erneuerbare-Energien-Anlagen.
Was ändert sich dadurch?
Für uns ändert sich fast alles. In der Vergangenheit waren einzelne Kraftwerke und regionale Verteilnetzbetreiber an unser Netz angeschlossen. Da gab es bekannte Ansprechpersonen und langfristige Planungssicherheit. Nun prasseln neue Anfragen förmlich auf uns ein und die Kunden wünschen, kurzfristig – in der Regel innerhalb von zwei bis drei Jahren – angeschlossen zu werden.
Könnt ihr die Netzanschlussbegehren in irgendeiner Weise priorisieren?
Eine Priorisierung wäre von Vorteil, aber derzeit gibt das die rechtliche Lage kaum her. Wir sind verpflichtet, ein Netzanschlussbegehren, sofern keine technischen Unmöglichkeiten oder wirtschaftlichen Unzumutbarkeiten dagegensprechen, umzusetzen. Wir bräuchten ein Verfahren, bei dem wir vorausschauend auf die gesamten Bedarfe blicken und nicht jede Anfrage nach dem Prinzip „First come, first served“ bedienen. Es ist bereits schwierig, mehrere Netzanschlussanfragen für denselben Punkt zu bearbeiten, weil wir die sensiblen Geschäftsinformationen nicht ohne Einverständnis aller Beteiligten teilen können. Es gibt an vielen Stellen Verbesserungsbedarf.
Was schlägst du vor, um das Verfahren zu verbessern?
Es wäre sinnvoll, Vorzugsregionen mit bereits verfügbaren Netzanschlusskapazitäten auszuweisen, um systemische Effekte zu kombinieren, beispielsweise durch den Bau von Batteriespeichern und Solarparks an einem Netzanschlusspunkt. Alternativ könnte man – analog zu den Ausschreibungen für erneuerbare Energien – die Anschlussleistung für Batteriespeicher oder Rechenzentren verauktionieren. Dadurch könnte man je nach Anschlussnehmer differenzieren und den Aufwand für alle Beteiligten reduzieren. Eine weitere Möglichkeit wäre ein Wechsel von „First come, first served“ zu „First ready, first served“, um zu verhindern, dass unreife Projekte Netzanschlusskapazitäten blockieren.