Redispatch 2.0
Marcel Gebele
TransnetBW GmbH
Produkte & Nichtstandardisierte Märkte
Pariser Platz
Osloer Straße 15-17
70173 Stuttgart
systemdienstleistungen
Konkret bedeutet dies, dass zukünftig alle Erzeugungs- und Speicheranlagen mit einer Nennleistung von mehr als 100 Kilowatt, inklusive EE-Anlagen und KWK-Anlagen, in einen planwertbasierten Redispatch einbezogen werden. Darüber hinaus soll im Unterschied zu den bisherigen Einspeisemanagement-Maßnahmen ein bilanzieller Ausgleich durch die Netzbetreiber erfolgen. Um diese Vorgaben umzusetzen, müssen die Netzbetreiber umfangreiche Koordinierungsaufgaben erfüllen und sind zur Umsetzung der dafür erforderlichen Datenaustausche verpflichtet. Die Regelungen des NABEG 2.0 sind potenziell für alle rund 900 Verteilnetzbetreiber in Deutschland von großer Bedeutung.
Im Zusammenhang mit der Einführung des Redispatch 2.0 hat die Bundesnetzagentur Festlegungen mit Vorgaben zu Prozessen und Dateninhalten verfasst.
Für alle Netzbetreiber ist die Teilnahme am zukünftigen Redispatch-Prozess eine Herausforderung – insbesondere aber für kleine Netzbetreiber, da diese interne Prozesse zur Engpassprognose erst implementieren müssen oder eine Einigung zwischen Netzbetreibern im Hinblick auf Maßnahmen zur Umsetzung gefunden werden muss.
Deshalb haben TransnetBW und Netze BW frühzeitig das Projekt „DA/RE“ initiiert. DA/RE steht für „DAtenaustausch/REdispatch“. Der Name gibt also das Ziel vor. DA/RE bietet eine Plattformlösung, die Netzbetreiber weitreichend unterstützt, sowohl bei den Informationspflichten als auch bei der Maßnahmenkoordinierung. DA/RE organisiert die vertikale Abstimmung und den dafür erforderlichen Datenaustausch zwischen den Netzbetreibern und den Einsatzverantwortlichen der Erzeugungsanlagen. DA/RE wählt dazu die effizientesten Anlagen zur Lösung der prognostizierten Engpässe aus und ermöglicht eine effektiv koordinierte Aktivierung der Redispatch-Maßnahmen.
Zeitlicher Ablauf
Die Initiatoren TransnetBW und Netze BW haben bereits vor der Verabschiedung des NABEG 2.0 den Bedarf für eine stärkere Abstimmung und Koordination zwischen Netzbetreibern erkannt. Deshalb startete das Projekt DA/RE schon im Juni 2018 mit einer Konzeptionsphase. Im April 2019 begann die erste Pilotphase, in der das Konzept in der Praxis erprobt und validiert wurde. Die Pilotphase endete Ende 2019 erfolgreich. Damit im September 2021 die DA/RE-Plattform reibungslos funktioniert, läuft seit dem Frühjahr 2021 eine finale Testphase, in der die Plattform und die Prozesse mit den Testpartnern erprobt werden.
Connect+ ist ein deutschlandweiter Zusammenschluss von 17 Verteil- und den vier Übertragungsnetzbetreibern. Ziel des Projekts ist es, den flächendeckenden und einheitlichen Datenaustausch zwischen Netzen und Betreibern von Stromerzeugungsanlagen sicherzustellen, um die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zur Minimierung von Netzengpässen nach Vorgaben des NABEG 2.0 zu gewährleisten.
Um diese fristgerecht erfüllen zu können, entwickelt Connect+ einen für alle Marktteilnehmer nutzbaren „Single-Point-of-Contact“ (SPoC). Für den neuen Redispatch-Datenaustausch steht damit ein einheitlicher Datenweg an der Schnittstelle zwischen dem Einsatzverantwortlichen (Dienstleister für Marktteilnehmer und Anlagenbetreiber) und den Netzbetreibern zur Verfügung.
Diese Schnittstelle wird im Redispatch 2.0 als Postverteilkonzept (PVK) bezeichnet. Das IT-System für den Austausch der Daten, die das Postverteilkonzept betreffen, können alle Einsatzverantwortlichen nutzen. Netzbetreiber, die keine anderen geeigneten IT-Systeme zur Verfügung haben, können das IT-System zusätzlich für den Datenaustausch zwischen Netzbetreibern (sog. Netzbetreiberkoordinierungskonzept bzw. „NKK“) nutzen.
Die in Connect+ vorgesehene IT-Lösung für den PVK-Datenaustausch mit den Marktteilnehmern wird an DA/RE angebunden. Somit können auch die Einsatzverantwortlichen von NABEG-Anlagen in den Netzgebieten von DA/RE-Teilnehmern die geplante bundesweit einheitliche Marktteilnehmer-Schnittstelle nutzen. EIV schicken ihre Redispatch-Daten an Connect+. Von dort aus werden die Daten dann an DA/RE weitergeleitet, sofern sich die betreffenden Anlagen im Netzgebiet eines DA/RE-Netzbetreibers befinden. Umgekehrt werden auch Abrufe aus DA/RE heraus über Connect+ an die EIV geroutet, sodass hier der Single-Point-of-Contact gewahrt wird.
Darüber hinaus ist durch Anbindung der DA/RE-Plattform an das IT-System von Connect+ sichergestellt, dass der Datenaustausch zwischen DA/RE-Nutzern und DA/RE-Nicht-Nutzern im NKK möglich ist. DA/RE stellt für Netzbetreiber, die sich an die DA/RE-Plattform direkt anschließen, den Single-Point-of-Contact dar, das heißt, ein doppelter Anschluss an beide Plattformen ist nicht notwendig. Der volle Funktionsumfang von DA/RE steht allerdings nur den DA/RE-Nutzern zur Verfügung.
Entsprechend EnWG § 13a werden Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung mit einer Nennleistung ab 100 Kilowatt in das Redispatch-Regime überführt. Gleiches gilt für Anlagen, die durch den Netzbetreiber jederzeit fernsteuerbar sind. Betreiber all dieser Anlagen sind verpflichtet, auf Aufforderung durch den Übertragungsnetzbetreiber die Wirkleistungs- und Blindleistungserzeugung oder den Wirkleistungsbezug anzupassen oder die Anpassung zu dulden.
Zentrales Element ist dabei die Koordination der Netzbetreiber untereinander. Der BDEW hat mit seinen Mitgliedsunternehmen hierzu eine Branchenlösung entwickelt: das Netzbetreiberkoordinierungskonzept (NKK). Die darin enthaltenen Prozesse und Formate wurden durch die Bundesnetzagentur in Festlegung (u.a. der BK6-20-060) verrechtlicht. Das NKK basiert auf einheitlichen Prozessen und Formaten. Die an Netzbetreiber gestellten Anforderungen unterscheiden sich hinsichtlich spezifischer Betroffenheit:
Sofern ein Netzbetreiber keine NABEG-Anlagen in seinem Netz aufweist, ist er von den Regelungen nicht betroffen. Für alle anderen Konstellationen stellen die neuen gesetzlichen Vorgaben jedoch Mindestanforderungen an Netzbetreiber (auch wenn sie keine eigenen Engpässe aufweisen):
Mit den neuen gesetzlichen Anforderungen wurden auch neue Anforderungen und Verantwortlichkeiten in Form neuer Marktrollen eingeführt.
So sind für Anlagenbetreiber die Rollen „Betreiber einer Technischen Ressource“ (BTR) und „Einsatzverantwortlicher“ (EIV) vorgesehen. Die Marktrolle des EIV umfasst beispielsweise neben der Planung und Einsatzführung einer Stromerzeugungsanlage auch die Übermittlung der Fahrpläne (bei Entscheidung für das Bilanzierungsmodell „Planwertmodell“). Für beide Marktrollen muss jeweils bei der BDEW Energie Codes & Services GmbH ein entsprechender BDEW-Code beantragt werden, mit dem diese Marktrolle identifiziert werden kann. Die Marktrollen BTR und EIV können entweder selbst ausgeübt oder an einen Dienstleister vergeben werden.
In der von der Bundesnetzagentur veröffentlichten Festlegung zum bilanziellen Ausgleich von Redispatch-Maßnahmen (BK6-20-059) sowie der Festlegung zur Informationsbereitstellung für Redispatch-Maßnahmen (BK6-20-061) erwachsen für beide Marktrollen Wahlrechte bzw. Verpflichtungen:
Sofern Anlagenbetreiber die angedachten Marktrollen selbst einnehmen, ist eine Registrierung bei Connect+ für den zwischen Anlagenbetreiber und jeweiligem Anschlussnetzbetreiber erforderlichen Austausch von Stamm- und Bewegungsdaten vorgesehen. Für die Schnittstellenausgestaltung empfiehlt es sich, in Kontakt mit dem individuellen Anschlussnetzbetreiber zu treten.
Weitere grundlegende Informationen zum Redispatch 2.0 sowie BDEW-Anwendungshilfen zu Use-Cases finden Sie auf der BDEW-Homepage.
Anlagen, welche für Redispatch-Abrufe herangezogen werden, müssen vom Anschlussnetzbetreiber (meist Verteilnetzbetreiber, VNB) abgerechnet werden. Die Kosten der Redispatch-Maßnahme trägt grundsätzlich der anfordernde Netzbetreiber (meist Übertragungsnetzbetreiber, ÜNB).
Zur Unterstützung des komplexen Abrechnungsprozesses und um die finanzielle Kompensation der abgerufenen Anlagen abzuwickeln, wurde im BDEW eine Anwendungshilfe ausgearbeitet:
Hieraus folgt insbesondere die Notwendigkeit der Übermittlung des Abrechnungsdatensatzes (i.d.R. vom VNB zum ÜNB). Das hier zu verwendende Datenaustauschformat ist momentan als XML-Datei spezifiziert. Zur Vereinfachung der Datenlieferung, wird von der TransnetBW jedoch auch eine Excel-Datei bereitgestellt:
Wir bitten insbesondere die Netzbetreiber der TransnetBW-Regelzone, sich streng an diese Formate zu halten, um eine schnelle und zuverlässige Abrechnung zu gewährleisten. Die Daten können per E-Mail übermittelt werden. Für die Übertagung der Daten wurde folgendes Postfach eingerichtet:
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