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KONVERTER PHILIPPSBURG

Das Gleichstrom-Umspannwerk (Konverter) in Philippsburg ist der südlichste Endpunkt der ULTRANET-Leitung. Zukünftig wird die Anlage grünen Gleichstrom aus dem Norden für die Region nutzbar machen. Nach vier Jahren Bauzeit geht der Konverter im November diesen Jahres zunächst als STATCOM-Anlage zur Bereitstellung von Blindleistung in Betrieb.

Technik

Von Gleichstrom zu Wechselstrom

Der Begriff „Konverter“ kommt aus dem Lateinischen: Convertere heißt umwandeln. Der Konverter in Philippsburg ist erforderlich, um die ULTRANET-Gleichstromleitung zukünftig in das vorhandene 380-kV-Wechselstromnetz zu integrieren. Bis es so weit ist, stabilisiert der Konverter als STATCOM-Anlage (Static Synchronous Compensator) bereits das Stromnetz.

Foto: Max Bögl / Reinhard Mederer

ULTRANET-Strom nutzbar machen

Elektrischer Strom lässt sich auf zwei Arten transportieren. Bisher war Wechselstrom, also Strom mit sich ständig ändernder Polarität, Standard in Deutschland. Vor dem Hintergrund der Energiewende gewinnen jedoch Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen) als zweite Stromübertragungsart auch in Deutschland an Bedeutung.

Damit der erneuerbar erzeugte Strom aus dem Norden von den Verbrauchern im Süden genutzt werden kann, muss er zunächst am Anfangspunkt von ULTRANET von Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt werden. Anschließend kann er in die HGÜ-Leitung eingespeist und transportiert werden. Im Süden angekommen, wird der Strom am Endpunkt der HGÜ-Leitung wiederum in Wechselstrom umgewandelt – so kann er über das Wechselstromnetz an die Verbraucher verteilt werden. Der Stromtransport funktioniert auch umgekehrt von Süd nach Nord, z. B. zum Abtransport überschüssigen Fotovoltaik-Stroms. Die Umwandlung übernehmen Gleichstrom-Umspannwerke, oder auch Konverter.

Der Konverter als STATCOM-Anlage

Bis ULTRANET in Betrieb geht, stabilisiert die im Konverter verbaute Technik bereits das Stromnetz, indem sie Blindleistung erzeugt. Für die Energieübertragung ist Blindleistung unverzichtbar. Blindleistung ist die Leistung, die benötigt wird, um ein elektrisches Feld und ein magnetisches Feld zu schaffen. Ein kontinuierlicher Stromtransport ist nur möglich, wenn die entsprechenden Leitungen unter Spannung stehen. Hierfür wird ein elektrisches und ein magnetisches Feld 50-mal pro Sekunde auf- und abgebaut. Dabei wird die Energie Blindleistung genannt, die für den Aufbau der Felder notwendig ist. Damit sowohl das elektrische als auch das magnetische Feld bestehen bleiben, muss ausreichend Blindleistung zur Verfügung stehen.

Bisher wurden zur Blindleistungskompensation vor allem große Kraftwerke genutzt, die bei Bedarf schnell ihre Leistung erhöhen oder absenken können. Im Zuge der Energiewende sind Übertragungsnetzbetreiber darauf angewiesen, für die Bereitstellung von Blindleistung verstärkt zusätzliche Anlagen einzusetzen. Dazu gehören Betriebsmittel wie STATCOM-Anlagen. Eine STATCOM-Anlage ist ein Betriebsmittel, das einen wichtigen Beitrag zur Stabilität und Versorgungssicherheit des Stromnetzes leistet, indem sie elektrische Energie umformt, mit der sich wiederum die Spannung im Netz sowohl anheben als auch absenken lässt. Auch der Konverter in Philippsburg kann elektrische Energie umformen – und wird deshalb ab November 2024 bereits als STATCOM-Anlage genutzt. Ändert sich die Netzsituation, zum Beispiel durch Zu- oder Abschalten einer Leitung, kann der Konverter schnell darauf reagieren und sich auf den neuen Blindleistungsbedarf zielgerecht einstellen.

So funktioniert der Konverter ab 2026

Der Konverter in Philippsburg verfügt über einen Plus- und einen Minuspol. Für die beiden Pole wurden jeweils zwei Umrichterhallen gebaut, in denen sich die Leistungselektronik befindet. Sie sind das Herzstück des Konverters: Hier wird der Strom von Gleich- zu Wechselstrom gewandelt und umgekehrt. In Zukunft können Leistungen von zweimal 500 Megawatt für den Pluspol und zweimal 500 Megawatt für den Minuspol parallel geschaltet werden – insgesamt erreicht der Konverter dann eine Gesamtkapazität von zwei Gigawatt.

Anlage

Ein moderner Konverter für die Energiewende

Bei der Suche nach einem geeigneten Standort wurden mehrere Perspektiven berücksichtigt. In Philippsburg nimmt nun ein Konverter den Betrieb auf, der hohen Anforderungen an Technik und Umweltschutz gerecht wird.

Standort Philippsburg: Vom Kernkraftwerks- zum Energiewendestandort

Die Suche nach einem geeigneten Standort am südlichen Netzverknüpfungspunkt von ULTRANET erfolgte in einem mehr stufigen Prozess:

  • Zunächst wurden mehrere in Frage kommende Flächen mit einer Größe von mindestens zehn Hektar gesucht.
  • Gemeinsam mit einem Umweltgutachter und dem Projektpartner Amprion erarbeitete TransnetBW anschließend einen Kriterienkatalog zur Bewertung der Flächen. Dabei berücksichtigte TransnetBW auch Vorschläge aus der Region.
  • Als Ergebnis hat sich TransnetBW für einen Standort entschieden, der die wenigsten Eingriffe in die Umgebung bedeutet und von der Bevölkerung akzeptiert wird: Der Konverter wurde innerhalb des bestehenden Geländes des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP) errichtet. Das bietet auch den Vorteil, dass der Standort bereits gut an das Stromnetz angeschlossen ist.

Zahlen – Daten – Fakten

  • Der Konverter steht auf einer Fläche von rund 10 Hektar (100.000 qm).
  • Die Umrichtergebäude nehmen rund 40 % der Fläche ein: 40.000 qm.
  • Ein Umrichtergebäude ist rund 18 Meter hoch.
Gleichstrom-Umspannwerk Philippsburg

Anlage

Das Anlagendesign

Der Konverter in Philippsburg am südlichsten Endpunkt der ULTRANET-Leitung wird aus zwei Polen bestehen – Pol 1 und Pol 2. Jeder Pol befindet sich wiederum jeweils in zwei Umrichtergebäuden, die durch eine Trennerhalle miteinander verbunden sind. Die Umrichtergebäude sind während des Betriebs gesperrt und nicht begehbar. Sie sind aufgeteilt in jeweils eine Umrichterhalle und eine Drosselhalle. In den Drosselhallen sind Umrichterdrosseln aufgestellt. Der Zweck der Umrichterdrosseln ist es, die Anstiegsrate von Strömen im Umrichter und Fehlerströme zu begrenzen. Dies gibt der Umrichterregelung genügend Zeit, um die Ströme einzustellen und Fehlern entgegenzuwirken. Außerdem sind dort Filter zur Reduzierung von elektromagnetischen Störungen installiert. 

In den Umrichterhallen befinden sich Halbleiter-Module, in denen der Strom gewandelt wird. An den Außenseiten der Gebäude stehen Lüfteranlagen zur Gebäudeklimatisierung. Unmittelbar daran schließt sich pro Pol ein Betriebsgebäude mit Anlagen zur Überwachung und Steuerung an. Hinzu kommen außerdem ein Gebäude für Ersatzteile und ein Relaishaus. Um die Anlage herum befinden sich Zufahrtswege. Die Anlage ist begrünt.

Geräusche
Um Geräusche so weit wie möglich zu minimieren, hat TransnetBW für das Anlagendesign vielfältige Vorgaben gestellt. Gebäude sind beispielsweise so gebaut worden, dass sie effektiv Geräusche dämmen oder abschirmen. Transformatoren und deren Kühlung werden mit einem Schallschutz versehen. Entscheidend ist außerdem, dass TransnetBW den Konverter so weit wie möglich von der Wohnbebauung entfernt realisiert hat. Die Richtwerte der TA Lärm (Technische Anleitung Lärm) werden unterschritten.

Elektrische und magnetische Felder
TransnetBW hält sich beim Betrieb der Anlage an die Anforderungen der 26. BImSchV (Bundesimmissionsschutzverordnung) und unterschreitet die gesetzlichen Grenzwerte deutlich. Durch bauliche Maßnahmen stellt TransnetBW sicher, dass elektrische Störaussendungen minimiert werden. In den Umrichtergebäuden, die aus elektrisch leitenden Baustoffen gebaut wurden, entsteht im Betrieb ein „Faraday‘scher Käfig“, der elektrische Felder abschirmt, damit diese nicht nach außen dringen können. Der Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren ist jederzeit gewährleistet.

Brandschutz
Für die Konverteranlage liegt ein eigenes detailliertes Brandschutzkonzept vor, welches auch Bestandteil des Genehmigungsverfahrens nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) war.

Bau

Vom Bauplatz zum Umspannwerk

Bereits im Frühjahr 2019 haben die bauvorbereitenden Maßnahmen auf der Baustelle für das geplante Gleichstrom-Umspannwerk begonnen. Mit der Baugenehmigung im März 2020 begann Siemens Energy im Auftrag von TransnetBW mit den Bauarbeiten.
 

Die Meilensteine im Überblick

Um den Standort gegen Hochwasser zu sichern, wurde das Gelände um vier Meter erhöht. Dies geschah durch Auffüllen mit Materialien aus der Region, zum Beispiel Rheinkies. Das Material, ca. 500.000 Kubikmeter, wurde überwiegend von Frachtschiffen angeliefert und mit Baumaschinen zum vorgesehenen Gelände transportiert. 
Mit einem symbolischen Baggerbiss startete TransnetBW am 16. Mai 2019 offiziell die Auffüllung des Geländes für den Konverter.
Am 08. Juni 2018 reichte TransnetBW den Genehmigungsantrag für den Bau des Konverters nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) beim Landratsamt Karlsruhe ein. Am 26. März 2020 erteilte das Landratsamt Karlsruhe TransnetBW die Genehmigung. Auf dem Bild zu sehen: Norman Weber, damals Teilprojektleiter Design & Bau, heute Projektleiter ULTRANET von Seiten TransnetBW.
Am 14. Mai 2020 erfolgte der Abbruch der Kühltürme des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP).
Am 16. September 2020 legte TransnetBW-Geschäftsführer Dr. Werner Götz gemeinsam mit Andreas Feicht, damaliger Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, und Franz Untersteller, dem damaligen baden-württembergischen Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, den Grundstein. Zu den Ehrengästen und Rednern gehörten auch der Bürgermeister der Stadt Philippsburg, Stefan Martus, sowie Jörg Michels, Vorsitzender der Geschäftsführung der EnBW Kernkraft GmbH, und Rainer Theobald, Head of Finance Large Transmission Solutions bei Siemens Energy.
TransnetBW nahm die GIS am 01. Juli 2021 in Betrieb, feierlich eingeweiht wurde sie am 13. Juli 2021 durch (von links) Dr. Martin Schumacher, Vorstandsvorsitzender der ABB Power Grids Germany AG, Dr. Christoph Schnaudigel, Landrat des Landkreises Karlsruhe, Dr. Werner Götz, Vorsitzender der Geschäftsführung von TransnetBW, Stefan Martus, Bürgermeister der Stadt Philippsburg und Norman Weber, Projektleiter ULTRANET von TransnetBW. Die GIS ersetzt die rund 50 Jahre alte Freiluftschaltanlage (AIS) und benötigt nur ein Viertel des Platzes. Die Anlage nimmt den Strom auf und verteilt ihn in der Region.
Aus dem ehemaligem Kernkraftwerksstandort wird ein hochmoderner Energiewendestandort.
Am 08. September 2022 stattete der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann im Rahmen seiner Sommerreise gemeinsam mit der baden-württembergischen Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Thekla Walker dem Konverter einen Besuch ab.
Im Dezember 2022 erreichte der letzte von 13 Transformatoren das Gleichstrom-Umspannwerk in Philippsburg.
Der ULTRANET Konverter in Philippsburg geht vorerst als STATCOM-Anlage (Static Synchronous Compensator) zur Bereitstellung von Blindleistung in Betrieb. Diese ist für die Energieübertragung mit Wechselstrom unverzichtbar und wurde bisher von Generatoren in großen Kraftwerken erzeugt. Da diese im Zuge der Energiewende nach und nach vom Netz gehen, müssen die Übertragungsnetzbetreiber verstärkt neue Technologien und eigene Anlagen an den Umspannwerks-Standorten einsetzen. Ändert sich die Netzsituation, zum Beispiel durch Zu- oder Abschalten einer Leitung, kann der Konverter als STATCOM-Anlage schnell darauf reagieren und leistet dadurch einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes.
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